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Grafik Ausstellung Martina Hampe auf Einladung vom Ehninger Kunstkreis. Ich freue mich, einmal mehr eine Ausstellung in diesem Rathaus anschauen zu können, eignet es sich doch in seiner lichten Bauweise besonders gut auch als Galerie. Was dem Betrachter gleich zu Beginn bei dieser Ausstellung auffällt ist die besondere Ästhetik, die die Arbeiten von Martina Hampe auszeichnet. Ihr gekonnter Umgang mit Farben und ihr sicherer zeichnerischer Strich kennzeichnen einmal mehr die Exponate. Martina Hampe lässt Hässliches, Unorganisches kaum zu, arbeitet nicht wild, sondern immer mit einer ganz besonderen Liebe zum Detail und hohem zeichnerischen Können. Schon Abweichungen von der Symmetrie fallen ihr schwer und dennoch zeichnet sie sich die Welt wahrlich nicht schön. Sie lässt sich in keine der üblichen Schubladen stecken, die studierte Grafikerin Martina Hampe. Kaum hat man sie – aufgrund einer ihrer Arbeiten – in Gedanken in die abstrakte Ecke getan, dann lithographiert sie Blumen, und wenn man sich mit diesen Blumen angefreundet hat, die bei aller zeichnerischer Qualität nicht nur dekorativ schmückend sondern auch japanisch-karg, entbeint, auf den Punkt gebracht wirken, dann werden ihre Bilder lichter, heller, gegenständlicher, wie zum Beispiel ihre großflächigen Bilder auf der Basis von Frottagen, oder ihre Landschaften, die häufig auch ein Stückchen Architektur einschließen. Neben den Frottagen und Lithografien finden sich diesmal auch eine größere Anzahl von Originalzeichnungen und Skizzen in der Ausstellung. Martina Hampes Zeichnungen zeigen häufig – ebenso wie ihre grafischen Arbeiten - netzwerkartige oder gespinsthafte Linien, die sie nicht nur in ihren Grafiken, sondern auch in den Zeichnungen verwendet, in zunehmendem Maße werden diese funktioneller und verlieren ihre ornamentale Form. Der Umgang mit ihnen ist nach wie vor eher spielerisch, aber nie verspielt. „Ich bin Zeichnerin“! Diese Aussage Martina Hampes ist weit mehr als ein Bekenntnis zu ihrer ganz persönlichen Ausdrucksform. Diese hat sie insbesondere in der Lithografie gefunden. Die Grafikerin, die mit photorealistischen Arbeiten ins Examen ging, hat sich diese hoch anspruchsvolle Form nicht zufällig ausgesucht. Sie will es sich – vielleicht weil ihr zeichnerischer Strich so leicht und sicher ist - bewusst schwer machen: will Steine schleppen, Steine schleifen, und will sich die geheimnisvolle Welt dieser zunächst spröden und dann abweisend glatten Steine aus Solnhofen immer wieder neu erarbeiten. Asphalt, Jungfernwachs, Holzteer, Lavendelöl, alles in Terpentinöl gelöst, werden unter anderem in der Lithographie verwendet, und man kann sich das Hexenküchenvergnügen der Künstlerin an diesen Zutaten durchaus vorstellen. „Ich stehe mit meiner Idee von einer Arbeit vor einer Wand mit drei Türen, durch die ich gehen kann, und wenn ich mich für eine entscheide, dann gibt es drei neue Türen, und so geht es immer weiter.“ Martina Hampe mag diese Vielfalt der Möglichkeiten im Produktionsprozess, mit dem sie ihre Kreativität im Entwurf in den Fertigungsprozess weiterführen kann, und sie mag anpacken. Das sieht man deutlich, wenn man ihr in der Werkstatt auf dem Schlossberg in Sindelfingen zuschaut, aber man kann das auch den hier gezeigten Lithographien entnehmen. Mit der Liebe zur Lithographie befindet sie sich übrigens in hervorragender Gesellschaft und einer großen Tradition: bedeutende Künstler wie Schinkel und Menzel in Deutschland, Goya in Spanien und Delacroix, Corot , Daumier in Frankreich, aber auch die französischen Impressionisten und Künstler wie Picasso, Chagall, Miró und Kokoschka haben sich – bekanntermaßen erfolgreich - mit dieser Technik beschäftigt. Interessant scheint mir besonders die Reihe von Lithos in verschiedenen Farbgebungen auf unterschiedlichen Papieren. Hier hat Martina Hampe ganz bewusst mit den verschiedenen Türen gespielt, durch die sie im Arbeitsprozess gehen kann und damit gezeigt, dass von einem Stein völlig unterschiedliche Originale entstehen können, die sich in ihrer Aussage manchmal sogar zu widersprechen scheinen. Etliche Bilder tragen auch im wortwörtlichen Sinn die schöne Handschrift von Martina Hampe: der Betrachter findet Schriftzüge in diesen Bildern, spiegelverkehrt, was die Aussage ohnehin relativiert. Falsch wäre es jedoch, aus diesen Texten die Aussage des Bildes ablesen zu wollen: so vordergründig arbeitet Martina Hampe nicht. Natürlich gibt es Bezüge zwischen Text und Bild, aber der Text erläutert nicht, sondern ist Bestandteil der Gesamtaussage. Vielleicht will die Künstlerin mit diesen Texten auch andeuten, dass es für sie noch weitere Ausdrucksmöglichkeiten neben der Graphik gibt. In jedem Fall aber dokumentieren diese Texte, dass Martina Hampe nicht nur mit den Händen arbeiten kann und will. Vergeblich sucht man in vielen dieser Bilder den Zugang über direkt Greifbares, der Betrachter soll sich mit den Bildern auseinandersetzen, soll in der Auseinandersetzung Kunstwerk/Betrachter ihre Aussage für sich ganz persönlich finden. Großformatig und zartfarbig sind die Zeichnungen auf Frottagen, gemischt mit weiteren Techniken. In ihrer Aufteilung in geometrische Figuren, die häufig die Form von Papierblättern haben, gewinnt man den Eindruck, dass hier zettelkastengleich wesentlich Erscheinendes zu einem Thema gesammelt wird, das dann plakativ (erkennbar an der Andeutung von Anheftungen) quasi zitierend dargestellt wird. Max Ernst hat die „Frottagen“ erstmals in der Kunst angewendet, hat diese „Abklatschbilder“ verwendet, um Aussagen zu relativieren und zu objektivieren. Sicher ist es nicht unabsichtlich, dass Martina Hampe fast immer die Ergebnisse ihrer collage-artig zusammengestellten Frottagen pinwandartig fixiert, sie will sie als Zitate betrachtet sehen, will zeigen, ohne zu belehren, will – so denke ich – selbst nicht vorbeigehen und andere zum Hinschauen auffordern. „Zustandsbeschreibungen“ habe ich Martina Hampe angeboten, seien ihre Bilder fast immer, und sie entgegnet mir mit einem Picasso-Zitat, dass auch sie ihre Bilder immer „biographische Notizen“ nenne. Die Notizen Martina Hampes sind höchst persönlich, immer also auch autobiographisch, zeugen von ihrem scharfen Verstand ebenso wie von ihrem Engagement und ihren vielfältigen Interessen. Lassen Sie sich also zum Nachdenken verführen, versuchen Sie sich einzudenken in die Welt der Martina Hampe, in der der Schädel eines Vögelchens die gleiche Daseinsberechtigung hat wie eine Blume oder eine alte Inschrift, beginnen Sie den Dialog mit den Arbeiten Martina Hampes und mit der Künstlerin selbst. Lydia Jantzen-Philipp |