Wohl eine der schillerndsten Figuren in der gesamten deutschsprachigen Kunstszene ist der Wiener
Allroundkünstler Gerhard Drach, der sich sowohl durch seine Malerei, Graffitikunst sowie durch
seine Bildhauerei, aber vor allem durch seine schrille Aktionskunst einen Namen gemacht hat.
Seine Gemälde wirken oft wie Abziehbilder aus einer phantastischen, bunten und friedlichen Welt,
jedoch seine Aktionen zielen haarscharf auf unsere oft vorgefertigten Meinungen, die er damit
ständig in Frage stellt.
1941 in Wien Döbling geboren, beginnt der gelernte Glasermeister sich
1969 für Kunst zu interessieren und hängt den sicheren Posten als Personalchef einer Glasbaufirma
an den Nagel, um ihn gegen einen vierjährigen Aufenthalt an der Münchner Kunstakademie einzutauschen.
Es entstehen erste Bilder im phantastisch realistischen Stil. Im Atelier des 1996 verstorbenen
Kunstprofessors Mac Zimmermann schuf Gerhard Drach innerhalb dieser vier Jahre das weltweit
größte Bild, das je mit
Holzbuntstiften gemalt wurde: Le Tryy (6 mal 2,5 m). Es zeigt einen Lebensbaum aus dessen Ästen
phantastische Welten entspringen, die in sich wieder genug Lebensraum für Kosmen, fremdartige
Gestalten und Tiere bieten. Es folgen mehrere Ausstellungen, in denen hauptsächlich symetrische
Bilder gezeigt werden. Mit Öl und Acrylfarbe oder Buntstift entstehen Bilder mit wunderschönen
Ornamenten, Figuren und Gestalten aus einer Phantasiewelt, in die sich Drach mehr und mehr selbst
begibt. Bei ihm entsteht der Wunsch, die Geschehnisse auf seinen Kunstwerken in die Realität
umzusetzen. Er läßt sich die Kleider, die seine Personen auf den Bildern tragen haargenau
nachschneidern, trägt dazu selbstgebaute Hüte und dafür eigens
hergestellte Perlenkränze und beginnt 1970 mit seinen ersten Aktionen, mit denen er die Wirklichkeit
in Frage stellen und provozieren will. Die meisten Aktionen finden in Reifnitz am Wörthersee in
Österreich statt, wo er von 1974 bis 1978 während der Sommersaison ein Kunstcaffee betreibt und
Bilder von sich und von Freunden ausstellt.
Das Essen serviert er auf Rollschuhen, selbstgemachte Zauberstäbe verschenkt er an die Gäste.
Am Wörthersee baut er sich auch sein eigenes Segelschiff mit Drachenkopf am Bug und gemaltem Drachen
auf dem Segel.
Bei seiner wohl bekanntesten Aktion "Übers Wasser gehen" geht Drach mit langem dunkelrotem Samtmantel, Perlenkranz und Glitzerketten über eine Plattform in der Mitte des Sees, die dicht unter dem Wasserspiegel versteckt ist,
während am Ufer eine Vernissage mit seinen Bildern stattfindet. Unterwasserausstellungen folgen.
Auf der Leopoldstraße in München führt der in lange Samt-und Seidengewänder gehüllte Drach seine
selbsterfundenen Spiele vor, singt meist über 30- strophige Lieder, die er sich ganz spontan aus
dem Stehgreif
erfindet, gründet die Galerie Futuri in der Thalkirchnerstraße in München und ist Mitglied der
Art Cooperative (8 Künstler)
Er hat Ausstellungen in über 50 verschiedenen Galerien im In - und Ausland
unter anderem in der Hofgartengalerie in München und beteiligt sich 1974 sowie 1984 an der großen
Sommerausstellung im Haus der Kunst. 1984 beginnt sich Drach für Graffitikunst zu interessieren.
In seinem Münchner Atelier trifft sich die gesamte Graffitiszene. Skizzen werden erstellt.
Drach gerät zuerst durch illegales Sprayen in die Schlagzeilen und macht sich später durch
wunderschön bemalte und gesprayte Häuser einen Namen.
1985 zeigt er bei Hertie am Hauptbahnhof in München seine Graffitis
in fünf Schaufenstern. Industriebetriebe werden auf seine Kunst aufmerksam und lassen sich ihre
Fassaden sowie die Innenräume bemalen.
In kürzester Zeit entwickelt Drach Bemalungen für Restaurants, bemalt Stühle, Tische, Wände,
Hausfassaden und beteiligt sich an der von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude in Auftrag
gegebenen Besprayung der
Brudermühlbrücke. Mittlerweile singt er seine Lieder in KleinkunstbÜhnen und Cabarets.
Für Frank Zappa bemalt er eine E-Gitarre und wenn er Zeit und Lust hat macht er Knopfketten aus
über 800 kleinen bunten Hemdknöpfen, zeichnet Comix, malt futuristische und intergalaktische Bilder,
meißelt Steinplastiken aus Marmor, Ytong, Sandstein und Muschelkalk,
bemalt nackte Menschen in Discotheken und bei Kunsthappenings, entwirft Holzwegweiser, erfindet
ständig neue Spiele, Melodien und Liedertexte, sammelt jeden erdenklichen Trödel, macht Collagen,
Musikübermalungen, restauriert alte Bilder und baut eigene Bilderrahmen,
lacht, weint, schreit, springt oder kriecht rum, geht oft tagelang nur rückwärts oder läßt es
bleiben, ißt mit Leidenschaft steirisches Wurzelfleisch und liebt Karl Valentin,
ist Mystiker, Querdenker, Derblecker, Prophet, Philosoph und Rumpelstilzchen.
Nur eines ist er nischt:
Langwei-lisch!
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